Austauschjahr - "I'm homesick, because I don't know anymore where home is."

0 Kommentare | Kommentar schreiben!


Meine lieben Blogleser, 大家好!


Ich melde mich mit diesem Blogpost offiziell auf meinem Blog zurück! Und mit mir kommt wieder neue Schreibfreude und Lust, meine Bilder und Erlebnisse mit euch zu teilen. :) Ausserdem gibt es natürlich wieder viel zu erzählen..


Meine Chinesischprüfung habe ich endlich hinter mir und ich habe Level A2 überragend bestanden, dafür B1 (das höhere Level) knapp nicht.. Naja, es ist zwar ein bisschen schade, aber ich wusste von Anfang an, dass es sehr knapp werden würde und bin mit meinem Ergebnis mehr als zufrieden. Ausserdem ist es ja nicht so, dass ich nie wieder die Chance hätte, diesen Test zu machen, denn in der Schweiz wird er auch angeboten. 


Ihr denkt jetzt vielleicht, warum der Titel dieses Posts nicht etwas mit "Palau" zu tun hat, denn ich habe euch ja jenen Bericht als nächstes versprochen. Aber seit ein paar Tagen hat sich etwas in meinen Gefühlen verändert und das will ich euch in diesem Blogpost erzählen. Es kam ganz schleichend aber irgendwie doch ganz schnell. Und dann war es plötzlich in meinen Gedanken und beschäftigte mich enorm. Eine neue Phase in meinem Austauschjahr hat begonnen - die letzte. Denn mir ist plötzlich bewusst geworden, dass ich jetzt noch genau zwei Monate in Taiwan habe und ich habe mit Schrecken festgestellt, dass ich Angst habe, zurückzukehren. Einerseits freue ich mich riesig auf meine Rückkehr in die Schweiz. Auf meine Familie, Freunde, mein Bett, das Essen, tiefgehende Gespräche in einer Sprache, die man vollends beherrscht und wo man sich nie um die Grammatik Gedanken machen muss. Denn wenn ich in Taiwan Gespräche führe, sind diese meist oberflächlicher Art. Das ist einerseits durch die Sprache bedingt, andererseits auch durch das anscheinend nicht vorhandene Interesse vieler Leute, tiefer zu gehen. Dieses Oberflächliche nagt mit der Zeit an einem und dann fühlt man sich sehr schnell alleine. Aber so sehr ich mich auch freue, in die Schweiz zurückzukehren, am Tag meines Rückflugs lasse ich auch vieles zurück. All das, was ich mir in mehr als 10 Monaten hier in Taiwan aufgebaut habe. Und dazu kommt eben diese kleine Angst, die unaufhaltsam zu wachsen scheint. Fragen wie: "Habe ich mich stark verändert?" "Bin ich noch ich?" "Ist zu Hause alles noch gleich?" Habe ich viel verpasst?", schwirren ständig durch meinen Kopf und lassen mir keine Ruhe. Ich weiss, ich sollte mir nicht zu viele Gedanken machen. Aber jeder weiss, dass das nicht so einfach ist, weil man diese nicht einfach so auf Knopfdruck abschalten kann. Ausserdem ist es menschlich, Angst zu haben. Angst vor Veränderungen. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich Ende meines Austauschjahres Angst habe. Am Anfang, ja. Aber jetzt? 




In die Angst mischt sich auch eine gewisse Traurigkeit, Emotionalität. Es geht alles viel zu schnell, aber man kann die Zeit nun mal nicht stoppen oder langsamer laufen lassen. Das wird uns allen, die gerade im Austausch sind, schmerzlich bewusst. Denn wir alle gehen gerade durch diese Phase. Es gehört zum Austauschjahr wie alles Andere auch. Ich weiss noch, dass meine austalische Freundin Bridget, die von Januar 2014 bis Dezember 2014 in Taiwan im Austausch war, in den letzten zwei Monaten hier ständig emotional wurde und mir sagte, dass sie jetzt plötzlich unglaublich Heimweh hätte. Damals verstand ich nicht wirklich, was denn ihr Problem war, denn sie würde ja schon bald zu Hause sein. Aber jetzt verstehe ich sie sehr gut, da ich das gleiche Gefühlschaos durchlebe. 


"I'm homesick, because I don't know anymore, where home is." 


Das schrieb meine Freundin Marthe aus Norwegen unter ein Instagram-Bild, welches sie geteilt hatte. 

Wo ist den unsere Heimat? Unser zu Hause? Darüber habe ich mir ja auch schon einmal in einem älteren Post Gedanken gemacht, den ihr HIER gerne (noch einmal) nachlesen könnt.


Ich will mir noch gar nicht vorstellen, wie schwer es sein wird, den anderen Austauschschülern auf Wiedersehen zu sagen. Denn wir sind eine grosse Familie geworden, von der man sich nicht verabschieden will. Besonders, wenn es ein Abschied für immer ist. Wenn ich wieder nach Taiwan zurückkomme, wird sich wahrscheinlich nicht viel verändert haben: Das Land, die Leute, die Kultur, das Essen,.. Alles wird ungefähr gleich sein. Doch die Austauschschüler sind dann alle wieder überall auf der Welt versträut und ich weiss jetzt schon, dass ich höchstwahrscheinlich die Meisten mein ganzes Leben lang nie mehr sehen werde. Natürlich, jene, mit denen ich auch in Taiwan am meisten unternehme, werde ich sicher früher oder später besuchen. Dann reise ich nach Brasilien, Mexico, Norwegen, Deutschland, Litauen, in die USA oder sonstwo hin. Oder ich kriege von ihnen Besuch in der Schweiz. Aber diese ganze grosse, internationale Familie, alle zusammen, das wird es nie mehr geben und das erfüllt mich mit einer grossen Traurigkeit.. 


Ich bereue es mittlerweile, am Anfang meines Austauschjahres nicht mehr mit den anderen Austauschschülern unternommen zu haben. Aber damals dachte ich, dass es doch viel besser sei, gute taiwanesische Freunde zu finden. Denn genau das machen ja die Austauschschüler, welche in die Schweiz kommen, auch so. Aber Taiwan ist eben anders. Das weiss ich jetzt. Ich bin enttäuscht von der Feststellung, dass es so schwer ist, sich mit gleichaltrigen Taiwanesen anzufreunden, einfach weil sich ihre Persönlichkeit noch nicht wirklich entwickeln konnte. Das mag viele Gründe haben aber ich denke, dass es hauptsächlich am Schulsystem und der Erziehung in Taiwan liegt. Die Kinder sind Tag und Nacht am Lernen und wenn sie einmal Zeit hätten, etwas selbstständig zu unternehmen, nehmen die Eltern sie in ihre Obhut, kontrollieren sie und lassen sie nicht gehen. Auch den erwachsenen Taiwanesen ist bewusst, dass ihre Kinder im Gegensatz zu den westlichen Kindern oder jungen Erwachsenen völlig unselbstständig und unreif sind. Ich habe schon mit vielen darüber geredet und festgestellt, dass sie eigentlich wissen, woher diese späte innere Entwicklung der jüngsten taiwanesischen Generation kommt, aber es noch nicht weit genug durchdacht ist, als dass sich etwas daran ändern könnte. Ausserdem ist etwas, was so stark in der Gesellschaft und Kultur verankert ist, sehr schwer zu verändern. Vielleicht ja in 20 Jahren oder später, vielleicht auch nie, wer weiss? Ich bin jedenfalls gespannt.


Gestern bin ich durch Facebook auf einen Artikel einer ehemaligen Austauschschülerin gestossen. "For the ones that are going home soon.." stand beim geteilten Beitrag. 

Die Autorin schreibt:


"What you're leaving behind is not a country. It is not the people. It is the experience." 


Ja, die Erfahrung. Mit unserem Rückflug machen wir einen Schlussstrich unter diese eine Erfahrung, weit weg in einem anderen Land, fast ein Jahr lang bei einer Gastfamilie zu wohnen, dort zur Schule zu gehen und die Kultur kennenzulernen, ja, vielleicht auch mit ihr zu verschmelzen. Denn genau wie die Autorin des Artikels in einem anderen Abschnitt ihres Berichts erwähnt, ist es nicht das gleiche Gefühl, wenn man zurückkehrt, da man dann der Tourist ist. (Wer den ganzen Artikel lesen will, kann das gerne HIER tun. )


Aber ein Schlussstrich unter eine Erfahrung zu machen, heisst nicht, dass man nie mehr Erfahrungen machen wird. Nein, auf keinen Fall. Das wäre ja unglaublich langweilig! Man muss einfach wieder Platz für neue Erfahrungen machen, dafür sind Veränderungen ja dann. Und Veränderungen gehören auch zum Leben, auch wenn sie einem vielleicht Angst machen. Im Nachhinein muss man dann aber immer sagen, dass die Angst eigentlich unbegründet war, denn der Mensch ist anpassungsfähiger, als mancher vielleicht denkt.. 



Ich hoffe, euch mit diesem Post meine Gefühle und Gedanken ein bisschen hinüberbringen und euch auch zum Nachdenken anstiften konnte. Mir hat das Aufschreiben jedenfalls sehr viel gebracht, um meine Gedanken etwas zu ordnen und das Emotionale zu verarbeiten. 


Man liest sich!


Alles Liebe und bis zum nächsten Post! 


Danielle



Keine Kommentare :